Wise Guys | Die Auflösung der Band
Die Auflösung der Wise Guys erfolgte mit dem letzten Konzert in Regensburg im Juli 2017. Eine Woche zuvor hatten wir uns mit zwei großen Open-Air-Konzerten und vielen tollen musikalischen Gästen im Kölner Tanzbrunnen von den Fans im Rheinland verabschiedet. Das Ende der Band begann aus meiner Sicht jedoch mindestens zwei Jahre zuvor.
Im Frühjahr 2015 hatten wir mit den Wise Guys einen Supervisor (also einen Psychologen, der unter Anderem dazu ausgebildet und in der Lage sein sollte, ein Gespräch so zu moderieren, dass alle Beteiligten faire Anteile am Gesprächsverlauf erhalten und dass insgesamt ein "Wir-Gefühl" entsteht oder bestärkt wird...) gebucht, der mit uns zusammen in einem Seminarraum in Königswinter über die aktuelle Situation sprechen, vor allem aber auch mit uns zusammen Strategien und Grundlagen für die Zukunft der Band entwickeln sollte.
Die Initiative zu diesem Treffen war von mir ausgegangen.
Ich hatte im Vorfeld den Eindruck, dass in unserer damaligen Besetzung mit Sari, Nils, Eddi, Andrea Figallo und mir keine Einigkeit darüber bestand, was die Band uns bedeutet, was sie aussagen und ausstrahlen will und welche Wege wir in der Zukunft beschreiten wollen würden. Meine Hoffnung war, dass dieser Tag, zumal unter der sachkundigen Führung eines kompetenten Mediators, bei uns eine Aufbruchstimmung und ein neues Wir-Gefühl würde erzeugen können.
Nachdem wir den Vormittag damit verbracht hatten, den "Status Quo" zu definieren, was auch schon mit einigen recht heftigen Disputen einherging, bat uns unser Gesprächsleiter am späten Nachmittag, doch einmal jeweils einzeln zu definieren, wie wir die Zukunft der Wise Guys beurteilten.
Sari, Nils, Andrea Figallo und ich legten dar, was wir uns für die Zukunft wünschten; es herrschte eine gewissen Einigkeit darüber, dass es die Wise Guys auch gerne in zehn Jahren noch geben dürfe, wenngleich wir viele Dinge würden klären müssen.
Dann kam Eddi an die Reihe, der – es war bereits später Nachmittag – die Bombe platzen ließ, dass er die Band verlassen werde, um "etwas vollkommen Anderes fernab der Musik" zu machen.
Niemand hatte etwas geahnt. Er hatte weder Sari noch mich (bis zu jenem Tag waren wir, wenn auch mit Schwankungen und nicht mehr so eng wie einige Jahre zuvor, noch miteinander befreundet, gegenseitig Trauzeugen und Paten des jeweils ältesten Sohnes) vorab in seine Gedanken eingeweiht.
Wir baten Eddi inständig, seine Entscheidung noch nicht verbindlich zu machen, sondern zumindest noch einmal zu überschlafen und eventuell mit uns zusammen nach Kompromissen zu suchen, die als Alternative zu einem kompletten Ausstieg in Frage kommen könnten, zum Beispiel eine deutliche Reduzierung der Anzahl an Konzerten, eine längere Pause oder was-auch-immer. Am nächsten Morgen trafen wir uns erneut, um von Eddi zu erfahren, dass es bei seinem radikalen Entschluss bleibe.
Der Schock saß wirklich tief. Es war einfach nichts zu machen, nicht mal im Ansatz. Eddi würde aussteigen.
Aber immerhin entwickelten wir den Plan, noch zwei weitere Jahre zu touren, um eine Abschiedstour machen zu können und die Chance zu haben, einen beruflichen Neuanfang vorzubereiten.
Nachdem ich immer schon (intern und extern) gesagt hatte, dass ich bei einem Ausstieg von Eddi die Band ebenfalls verlassen würde (was übrigens auch in früheren Interviews sowie in alten Wise-Guys-Magazinen nachzulesen ist), hatte ich in einer ersten Schock- und Trotzreaktion kurzzeitig in Erwägung gezogen, die Wise Guys weiterleben zu lassen und Eddi durch einen neuen Sänger zu ersetzen (dabei dachte ich übrigens als erstes an Ingo Wolfgarten! Umso glücklicher bin ich, jetzt mit ihm bei "Alte Bekannte" im Boot zu sein).
Mir wurde jedoch nach wenigen Wochen klar, dass die stimmungstechnische interne Situation der Band und die Außenwahrnehmung durch unser Publikum eine Zukunft unmöglich machten. Schon die Ausstiege von Clemens und Ferenc hatten viele Fans uns übelgenommen (dass wir an deren Entscheidungen keine "Schuld" trugen, ist ein anderes Thema). Die zu dieser Zeit bestehende Formation hatte nicht genug Kraft, diese Situation zu meistern. So blieb ich bei meinem ursprünglichen Entschluss und erklärte auch meine Wise-Guys-Zeit für beendet, was natürlich gleichbedeutend war mit der Auflösung der Band.
Es folgten dann zwei wirklich sehr sehr schwierige Jahre des "Zu-Ende-Bringens", die geprägt waren von Konflikten und einer, wie ich es auch heute noch empfinde, "negativen Energie", die meine Stimmung wirklich dauerhaft in den Keller drückte. Ein persönliches Lebenswerk weiterführen zu müssen, das man bereits beendet hat, weil man gefühlt keine andere Wahl hat, ist etwas, das ich niemandem wünschen würde.
Es gab dann zu allem Überfluss noch einen hässlichen Streit zwischen Andrea Figallo und der Band, der sogar (für mich ein absoluter Tiefpunkt der Bandgeschichte!) mit Rechtsanwälten ausgefochten wurde, ehe Figallo die Gruppe verließ und das dreijährige Missverständnis ein Ende fand.
Es gab Streit zwischen Eddi, meinem ehemals besten Freund, sowie Sari, der sich bedingungslos auf seine Seite schlug, und mir. Mit Nils und Björn, der Andrea Figallo für die letzte Zeit ersetzte, hatte ich ein gutes Verhältnis, dennoch war die Abschiedstour der Wise Guys ein emotionaler Dauerkampf und -krampf, wie ich ihn nicht noch einmal erleben möchte. Käme es in einer Band, in der ich mitwirke, noch einmal auch nur in die Nähe einer solchen Situation, würde ich von heute auf morgen aussteigen, ungeachtet aller Konsequenzen. Ich hätte noch Anfang 2015 gesagt, dass ich die Wise Guys bis zu meinem altersbedingten Abgang von der Bühne würde fortführen wollen, aber was dann ab Frühjahr desselben Jahres passierte, machte das vollkommen unvorstellbar.
Diese letzten zwei Jahre haben leider dazu geführt, dass mein persönlicher Blick auf die Wise Guys stark eingetrübt ist. Es hat sich zuletzt ein bisschen verbessert, vor allem dank der Neuaufnahmen alter Songs im Rahmen meines ersten Soloalbums "Erzähl' mir die Geschichte – meine Lieblingssongs aus der Wise-Guys-Zeit", durch die ich noch einmal vor allem musikalisch und emotional erlebt habe, wieviel Gutes diese Zeit auch hervorgebracht hat. Aber unbefangen ist meine Rückschau auch heute noch nicht. Und ich habe starke Zweifel daran, dass sie es jemals werden kann. Kontakt zu meinen ehemaligen Freunden habe ich nicht.
Was mir dennoch wichtig ist: Die Zeit der Wise Guys zwischen ca. 1997 und 2013/14 war in meinen Augen großartig und gefüllt mit zum Teil fantastischen Zeiten. Unsere Fans waren unbeschreiblich treu, aktiv, begeisterungsfähig und in der überwältigenden Mehrzahl auch sehr, sehr offen. Wir hatten einen Riesenspaß und großen Erfolg, wir haben uns gut bis exzellent verstanden und gemeinsam tolle Dinge erlebt. Es macht mich auch heute noch glücklich, dass wir für so viele Menschen über einen so langen Zeitraum eine so wichtige Rolle spielen durften. Und daran kann auch das traurige Ende nichts ändern!